Artikel von Andreas Hundhammer, aus der Rhein Zeitung vom 27. April 2021
Gebhardshain. Im Vorfeld hätte die SG Westerwald sicherlich die Werbetrommel gerührt, doch in Zeiten von Lockdowns und Notbremsen, in denen Zuschauer bei (Sport-)Veranstaltungen untersagt sind, hätte das am Ende wohl nur für Ärger gesorgt. „Außerdem mussten wir ja bis zuletzt abwarten, wie die Inzidenz im Kreis ist“, gibt Geschäftsführer Markus Solbach zu verstehen, weshalb am vergangenen Wochenende auf der Tennisanlage des Vereins im Gebhardshainer Steinweg eher im Verborgenen ein DTB-Ranglistenturnier ausgespielt worden ist, zu dem junge Tennisspielerinnen aus ganz Deutschland angereist waren, von denen einige mit zum Besten zählen, was die U18-Konkurrenz hierzulande zu bieten hat.
Nach einer klaren Führung musste sich Angelina am Ende doch geschlagen geben.
Zu ihnen zählt beispielsweise Luca Bohlen. Als aktuelle Nummer 149 der deutschen Frauen-Rangliste trat die 16-Jährige bei den „1. Westwood Open“ als topgesetzte Akteurin an. Dieser Status wäre laut Markus Solbach eigentlich einer anderen Spielerin zuteil geworden, der das nach wie vor bundesweit geltende Beherbergungsverbot jedoch einen Strich durch die Rechnung machte, weil sie keine Unterkunft fand. Wohl dem, der mit seiner Familie im Wohnwagen anreisen konnte – so wie Luca Bohlen. Das Nachwuchstalent des LTTC Berlin hatte von der Hauptstadt aus mit die weiteste Anreise. Auch für Angelina Da Silva Guggenbühler war das Turnier nicht mal eben mit einem Tagesausflug zu bewältigen, die Spielerin des TC Schönberg aus Freiburg nächtigte ebenfalls im Wohnwagen.
Beide Spielerinnen standen sich am Sonntag im Halbfinale gegenüber, wobei die ungesetzte Da Silva Guggenbühler der Favoritin zumindest an diesem Tag mit 6:4, 6:0 ziemlich deutlich die Grenzen aufzeigte. Bereits am Samstag hatte die 15-Jährige, die derzeit Platz 407 der DTB-Rangliste einnimmt, die an Position drei gesetzte Marlene Förster (VfL Sindelfingen, DTB-Rang 203) nach einem spannenden Duell inklusive Verlängerung im Match-Tiebreak aus dem Rennen geworfen.
Charlotte Keitel auf dem Weg zum Finalsieg.
Es sprach also nicht viel dagegen, dass im Finale auch die an Position zwei ins Turnier gestartete Charlotte Keitel vom BASF TC Ludwigshafen das Nachsehen haben könnte, und nach einem 6:2 im ersten Satz befand sich Da Silva Guggenbühler auch auf einem guten Weg zum Überraschungssieg. Doch ihre 16-jährige Widersacherin, immerhin Deutschlands Nummer 177, steigerte sich, glich durch ein 6:4 nach Sätzen aus und behielt auch im Match-Tiebreak die Oberhand.
Mit dem 10:6 setzte sie den Schlusspunkt hinter eine Veranstaltung, deren sportliche Qualität so schnell kein Tennisturnier mehr auf der Anlage in Gebhardshain erreichen dürfte. Das bedeutet nicht, dass die Organisatoren kein Interesse daran hätten, sondern dass vor allem die Umstände ihnen diesmal in die Karten spielten. „Ohne die Pandemie wären an dem Wochenende überall in Deutschland solche Turniere gewesen“, weiß Markus Solbach, der die Sache realistisch einschätzt: „Aus der Euphorie heraus haben wir zwar schon ein paar Zusagen für eine eventuelle zweite Auflage im nächsten Jahr erhalten, aber da muss man erst mal abwarten. Wenn eine Spielerin aus Berlin kommt und dort in der Nähe ein vergleichbares Turnier stattfindet, dann wird sie sich den Weg in den Westerwald vermutlich schenken.“
Angelina & Charlotte (vorne) lieferten sich im Finale der 1. Westwood Open ein spannendes Finale mit dem glücklicheren Ende für die Spielerin aus Ludwigshafen.
Klar ist jedenfalls, dass die SG Westerwald in Kooperation mit den Initiatoren Timo Müller und Dr. Michael Weber die Gunst der Stunde genutzt und bewiesen hat, dass ein Tennisturnier in Pandemie-Zeiten auch für kleinere Vereine durchführbar ist. Voraussetzung seien freilich „die Einhaltung der Allgemeinverfügung des Kreises Altenkirchen, die Corona-Auflagen sowie das Hygienekonzept“ gewesen, welche „von allen streng befolgt“ worden seien, betont Dr. Michael Weber, der es als Notar schon von Berufswegen her lieber genau nimmt. Als ehrenamtlicher Sportkreisvorsitzender im AK-Land hatte er vor wenigen Wochen beim Verwaltungsgericht in Koblenz erfolgreich Widerspruch gegen die generelle Schließung aller Sportanlagen im Kreis eingelegt, wie sie in der Allgemeinverfügung vom 26. März angeordnet worden war (unsere Zeitung berichtete).
Damit hatte der Wissener gewissermaßen erst den Weg freigemacht für die weiteren Planungen der 1. Westwood Open. „Dank ihm waren wir bei der Organisation jederzeit auf der absolut sicheren Seite“, kann Markus Solbach Webers Engagement nicht hoch genug bewerten. Auch das Teilnehmerfeld zahlte letztlich mit Leistung zurück. „Die Mädchen haben sich so gefreut, endlich noch mal Tennis spielen zu können, was sie auf dem Platz auch mit wirklich tollen Spielen gezeigt haben“, war Timo Müller, dessen Tennisschule „Westwood-Tennis“ unter anderem die Sportler der SG Westerwald betreut und auch als Namensgeber des Turniers dient, vom sportlichen Niveau angetan. „Im Hauptfeld waren nur LK-Einser am Start, was die wirklich hohe Qualität des Turniers unterstreicht.“
Katharina Weber aus Wissen.
Mit Wild-Cards ausgestattet, sorgten zudem zwei 14-Jährige für heimischen Flair. Jil Hassinger vom TC Mülheim-Kärlich spielte sich am Freitag über eines von zwei Qualifikationsturnieren ins Hauptfeld, wo sie gleich zu Beginn jedoch der späteren Halbfinalistin Ida Clement (TK Bietigheim) mit 3:6, 3:6 unterlag. Katharina Weber, die Tochter von Dr. Michael Weber, hatte rückblickend betrachtet in Runde eins die undankbarste Aufgabe zu lösen. Die für den HTC Bad Neuenahr spielende Wissenerin musste sich der späteren Siegerin Charlotte Keitel mit 0:6, 1:6 geschlagen geben, konnte aber immerhin in einem Topfeld wertvolle Spielpraxis sammeln.
Kaderspielerin Jil Hassinger vom TC Mülheim-Kärlich.
Tennis
1. Westwood Open in Gebhardshain
Hauptrunde
Finale: Charlotte Keitel (TC Ludwigshafen) – Angelina Da Silva Guggenbühler (TC Schönberg Freiburg) 2:6, 6:4, 10:6.
Halbfinale: Da Silva Guggenbühler – Luca Bohlen (LTTC Berlin) 6:4, 6:0; Keitel – Ida Clement (TK Bietigheim) 6:2, 6:3.
Viertelfinale: Bohlen – Sina Fackelmann (Marienburger SC) 7:5, 6:1; Da Silva Guggenbühler – Marlene Förster (VfL Sindelfingen) 3:6, 6:4, 11:9; Clement – Laura Schmitz (RTHC Bayer Leverkusen) 6:2, 6:2; Keitel – Charlotta Buß (TuB Bocholt) 6:1, 7:6.
Achtelfinale: Bohlen – Marielena Münch (SB Versbach) 6:0, 6:0; Fackelmann – Kelly Richter (TVA Aschaffenburg) 6:1, 6:3; Förster – Felicitas Runkel (HTC Bonn) 6:1, 6:1; Da Silva Guggenbühler – Erika Reinhardt (TC Karken) 6:4, 7:5; Clement – Jil Hassinger (TC Mülheim-Kärlich) 6:3, 6:3; L. Schmitz – Stella Schmitz (TuS Neunkirchen) 6:4, 6:2; Buß – Emilia Namyslo (TC Heidelberg) 5:7, 6:2, 10:5; Keitel – Katharina Weber (HTC Bad Neuenahr) 6:1, 6:0.
Qualifikation, Gruppe 1
Finale: Emilia Namyslo (TC Heidelberg) – Leandra Nizetic (TC Münster) 6:4, 1:6; 12:10.
Halbfinale: Nizetic – Maria Buß (TuB Bocholt) 7:5, 6:2; Namyslo – Lina Spirgath (TC Leimen) 4:6, 6:2; 10:6.
Qualifikation, Gruppe 2
Finale: Jil Hassinger (TC Mülheim-Kärlich) – Carolin Krauß (TC Riedlingen) 6:3, 1:0, Aufgabe Krauß.
Halbfinale: Hassinger – Anna-Katharina Sauter (TC Bad Soden-Salmünster) 2:6, 6:3, 10:5; Krauß – Annalena Noll (TC Mülheim-Kärlich) 6:1, 6:4.
Als einer der Initiatoren brachte sich der Sportkreisvorsitzende Dr. Michael Weller auch während der „1. Westwood Open“ tatkräftig ein.
Die 16-jährige Charlotte Keitel (rechts) zählt als aktuelle Nummer 177 der DTB-Rangliste der Frauen mit zu den talentiertesten Nachwuchsspielerinnen Deutschlands.
Die zwei Jahre jüngere Lokalmatadorin Katharina Weber (links) war gegen die spätere Turniersiegerin in Runde eins naturgemäß chancenlos, ging beim 1:6, 0:6 aber auch nicht gänzlich leer aus. Fotos: Regina Brühl
„Wir haben schon ein paar Zusagen für eine zweite Auflage erhalten, aber da muss man erst mal abwarten.“